Walter Kempowski

„Die Menschen, die in mir leben“ – Der Pädagoge: Literarische Darstellung und schulische Realität

Walter Kempowski war ein bedeutender Schriftsteller, aber viele Jahre lang auch begeisterter und begeisternder Lehrer.

In vielen seiner Bücher sind diese beiden Rollen von zentraler Bedeutung: Pädagogik und die Frage nach Art, Vermittlung und Nutzen von Bildung durchziehen somit nicht allein Kempowskis berufliche Laufbahn als Lehrer, sondern auch sein literarisches Werk.

Ganz offensichtlich ist dies in den Geschichten von Herrn Böckelmann, in der Figur des Matthias Jänicke in Heile Welt oder in Kempowskis Einfacher Fibel. Aber auch in den Romanen seiner Deutschen Chronik verhandelt Kempowski mit Sachkunde pädagogische Konzepte – von der Paukschule der Wilhelminischen Ära über die Reformpädagogik bis zum Gefängnis als Bildungsanstalt.

Dorit Linke: „Jenseits der blauen Grenze“

Roman über eine Jugend in Rostock zu DDR-Zeiten – Vielfach ausgezeichnet und nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2015, Sparte Jugendbuch

Rostock im August 1989: Hanna und Andreas wollen schwimmend über die Ostsee in den Westen fliehen, weil sie in ihrer Heimat staatlicher Willkür und Repressalien ausgesetzt sind und ihre Träume nicht verwirklichen können. Fünfzig Kilometer Wasser, Grenzpatrouillen, nervenaufreibende Abenteuer und die eigene Erschöpfung trennen sie von der erhofften Freiheit, und nur ein dünnes, verbindendes Seil um ihr Handgelenk rettet sie vor der absoluten Einsamkeit.

Es dauert lange, bis wieder Land in Sicht ist. Dabei begleitet der Leser Hanna und Andreas beim Schwimmen durch die Ostsee. Bis hin zum eindrucksvollen Ende vermittelt der Roman ein stimmiges, lebendiges Bild einer Jugend in der DDR der ausgehenden 80er Jahre: Unterricht an der POS, Jugendweihe, Verkauf von Westzeitschriften auf der Warnemünder Mole, Zirkel unter der blauen Fahne, Wehrkundeunterricht, Aufenthalt im Intershop, Schwimmtraining, plötzliche Ausreise der besten Freunde.

Pressestimmen zu Jenseits der blauen Grenze

„Der beste DDR-Roman seit langem für junge (und erwachsene) Leser.“
„Schwimmen ist Wahnsinn, aber was ist das Leben in der DDR? Dorit Linkes Jenseits der blauen Grenze ist ein verzweifeltes Abenteuer, ein Porträt einer siechenden Gesellschaft im Sommer 1989.“
„Jenseits der blauen Grenze besitzt eine große Glaubwürdigkeit, weil die Autorin erkennbar von Erlebnissen und Eindrücken schreibt, die aus ihrem eigenen Leben stammen.“
„Nüchtern und detailgenau geschrieben, entwickelt die Geschichten ihren Sog, scheint unfassbar, wüsste man nicht, dass mehr als 5000 DDR-Bürger Ähnliches versucht haben.“

Trotz der Ernsthaftigkeit der Geschichte kommt der Humor nicht zu kurz. Mit dem DDR-Alltag vertraute Leser finden sich in vielen urkomischen Situationen wieder, begegnen den typischen Witzen dieser Epoche und wohlbekanntem Lokalkolorit. Für alle anderen ist das Buch ein aufregender und glaubhafter Ausflug in die Zeitgeschichte.

Dem Roman wird ein hoher Grad an Differenziertheit und Tiefe bescheinigt, da er historisch fundiert ist und die DDR weder verklärt noch die Menschen, die sie erlebt und geprägt haben, ihrer Würde beraubt.

Es gibt Unterrichtsmaterialien zum Roman und mittlerweile zwei Theaterfassungen.